Asyl in Venezuela (junge Welt vom 29.01.2022)

Komitee-Verfahren: Zwei linke Aktivisten aus der BRD entgehen politischer Verfolgung durch deutsche Justiz

Matthias Monroy

Die venezolanische Flüchtlingskommission hat zwei aus Deutschland stammenden Aktivisten, Peter Krauth und Thomas Walter, einen Anspruch auf Schutz vor politischer Verfolgung zuerkannt. Sie haben damit Anspruch auf ein unbegrenztes Bleiberecht in Venezuela, meldete die Solidaritätswebseite für die Verdächtigen im sogenannten Komitee-Verfahren am Donnerstag.

Seit 1995 wurden Krauth, Walter und der kürzlich an einem Tumor verstorbene Bernhard Heidbreder vom Bundeskriminalamt (BKA) wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gesucht. Sie sollen im selben Jahr einen Brandanschlag auf ein Bundeswehr-Gebäude in Bad Freienwalde in Brandenburg verübt haben. 1996 habe die Gruppe außerdem versucht, ein im Bau befindliches Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau in die Luft zu sprengen. Eine Polizeistreife war auf hierfür vorgenommene Absperrungen der Baustelle aufmerksam geworden. Die Täter flüchteten, das Gebäude blieb unversehrt. In einem am Tatort zurückgelassenen Fahrzeug fand das BKA Beweismittel, die es den drei Gesuchten zuordnete.

2014 konnte Heidbreder von deutschen Zielfahndern schließlich in Venezuela aufgespürt werden, er wurde festgenommen. Seine anschließende Auslieferung lehnte der Oberste Gerichtshof in Caracas jedoch ab, weil die ihm vorgeworfenen Straftaten nach venezolanischem Recht verjährt waren. Anschließend wurde auch Krauth aufgrund der Interpol-Fahndung in Caracas inhaftiert und ebenfalls wieder entlassen.

Die »Planung« eines terroristischen Anschlags verjährt nach 20 Jahren. Die Bundesanwaltschaft sucht »Das Komitee« jedoch wegen einer »Verabredung« für die Straftat. Obwohl der Anschlag nicht einmal erfolgte, beträgt die Verjährungsfrist für diesen Vorwurf 40 Jahre. Beschwerden gegen den Trick der deutschen Strafverfolger nahmen das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht an.

Vor der Entscheidung der Flüchtlingskommission hatte Walter bereits Erfolg mit der Rücknahme der internationalen Ausschreibung zur Festnahme durch Interpol. Die internationale Polizeiorganisation darf von Regierungen nicht zur politischen Verfolgung benutzt werden, etwa wenn Oppositionelle in einem anderen Land Schutz suchen. Dies war bei den drei Gesuchten der Fall.

»Nach unserem Wissensstand sind wir beide derzeit die einzigen Linken weltweit, die Asyl vor der Verfolgung durch die deutsche Justiz erhalten«, schrieben Krauth und Walter in der am Donnerstag auf der Solidaritätswebseite veröffentlichten Erklärung. Die Flüchtlinge wollen jetzt einen Personalausweis und einen Reisepass in Venezuela beantragen. Bei einer Ausreise droht ihnen aber weiterhin die Auslieferung nach Deutschland. Denn die von Interpol erbetene Löschung einer Fahndung ist nicht verpflichtend. Andere Länder könnten ein deutsches Festnahmeersuchen auf eigene Initiative vollstrecken.

Der Artikel im Original.