Linksradikales Komitee und Justiz einigen sich (dpa vom 17.3.2025)

30 Jahre nach Anschlagsplan startet kurzer Prozess in Berlin
Andreas Rabenstein, dpa

30 Jahre sind vergangen seit einem gescheiterten linksradikalen Sprengstoffanschlag in Berlin, Jahrzehnte waren die mutmaßlichen Täter im Ausland untergetaucht – nun läuft der Prozess gegen sie auf Bewährungsstrafen hinaus. Aus Sicht der Angeklagten Peter K. (65) und Thomas W. (62) ist das ein Erfolg. W. zeigte Unterstützern im Zuschauerraum des Berliner Kammergerichts am ersten Prozesstag mit einer Hand das Siegeszeichen. Kurz danach legten beide über ihre Anwälte Geständnisse ab. Ein Urteil soll es im April geben.

Der Vorsitzende Richter Gregor Herb schlug zu Beginn nach Verlesung der Anklage eine sogenannte Verständigung zwischen den Prozessbeteiligten vor: Danach sei eine Gefängnisstrafe zwischen einem Jahr und zehn Monaten und zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, für die beiden Angeklagten möglich. Voraussetzung seien die Geständnisse. Auch die Untersuchungshaft solle dann noch am ersten Prozesstag ausgesetzt werden, sagte der Richter. Weiterlesen

Nach 30 Jahren Exil: Komitee-Gruppe kommt vor Gericht (nd vom 13.3.2025)

Nach 30 Jahren Exil kehren zwei als militante Linke Gesuchte nach Berlin zurück. Ihre Geschichte ist geprägt von einer langen Flucht und dem venezolanischen Exil. Die Überwachung durch das BKA war bis dahin beispiellos.

Matthias Monroy

Im Oktober 1994 verübte das »K.O.M.I.T.E.E.« einen Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde. Die Tat richtete sich gegen die deutsche Unterstützung der türkischen Militärpolitik und die Unterdrückung des kurdischen Befreiungskampfes. Im April 1995 plante die Gruppe, ein im Bau befindliches Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau zu sprengen, um ein Zeichen gegen die deutsche Abschiebepolitik zu setzen. Ein »Osterei«, schrieben Sympathisant*innen später in einer Broschüre zu dem Anschlag, der jedoch scheiterte, weil eine vorbeifahrende Polizeistreife die Vorbereitungen entdeckte.

Hinweise am Berliner Tatort führten zur Identifizierung von Peter Krauth, Thomas Walter und Bernhard Heidbreder als Verdächtige für den Anschlag. Die drei traten daraufhin eine Flucht an, die am Ende Jahrzehnte dauern sollte. Schließlich landeten sie in Venezuela. Dort bauten sie sich ein neues Leben auf und engagierten sich in lokalen Gemeinschaften. Auskunft darüber gibt der 2019 erschienene Film »Gegen den Strom«, der einen Besuch des Polit-Rappers Mal Élevé bei Walter und Krauth begleitet. Weiterlesen

Rückkehr nach 30 Jahren (Taz vom 6.3.2025)

1995 sollen die Linken Thomas Walter und Peter Krauth an einem gescheiterten Anschlag beteiligt gewesen sein. Nun stellen sie sich den Behörden.

Von Wolf-Dieter Vogel

Berlin taz | Knapp 30 Jahre nach ihrem Abtauchen werden sich die deutschen Linken Thomas Walter und Peter Krauth in der kommenden Woche den Strafverfolgungsbehörden stellen. Das bestätigte der Rechtsanwalt Lukas Theune der taz. Walter und Krauth sollen 1995 an einem gescheiterten Sprengstoffanschlag in Berlin beteiligt gewesen sein. Dass die Beschuldigten aus langjährigem Exil in Venezuela nach Deutschland kommen, um sich dem Verfahren zu stellen, geht Rechtsanwalt Theune zufolge auf eine Vereinbarung zwischen den Beschuldigten und der Bundesanwaltschaft (BAW) zurück. Am 17. März soll vor dem Berliner Kammergericht der Prozess gegen die beiden beginnen. Weiterlesen

Über Verfolgung & Exil – Ein Gespräch mit Thomas Walter & Peter Krauth im venezolanischen Exil (LCM vom 15.2.2025)

Von LCM-Redaktion

Im venezolanischen Hinterland treffe ich Thomas Walter und Peter Krauth. Hier sind beide seit Jahren im Exil. Sie werden beschuldigt als Mitglieder der Gruppe K.O.M.I.T.T.E im Oktober 1994 einen Anschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Brandenburg verübt zu haben, sowie ein halbes Jahr später ein Angriff auf einen Abschiebeknast versucht zu haben. In der Folge verließen sie gemeinsam mit ihrem, 2021 verstorbenen Genossen Bernhard Heidbreder, Deutschland und tauchten unter. 2017 beantragten Walter und Krauth in Venezuela Asyl, welches 2021 erteilt wurde. Im selben Jahr wurde auch der internationale Fahndungsaufruf von Interpol gelöscht. Doch die deutschen Behörden lassen nicht locker, 2015 wäre der vorgeworfene Tatbestand „Verabredung zur Tat“ nach Paragraf 30 StGB eigentlich auch nach deutschem Recht verjährt, die Bundesanwaltschaft setzte die Frist jedoch kurz vorher auf 40 Jahre hoch, so das es 2015 zu keiner Verjährung kam. Daher werden Walter und Krauth immer noch nach deutschem Haftbefehl gesucht. Nun, 30 Jahre nach dem gescheiterten Anschlag wurde erneut Anklage durch den Generalbundesanwalt erhoben.

Bart Vanzetti Weiterlesen

Freie Radikale (Süddeutsche Zeitung vom 2.11.2024)

Peter Krauth und Thomas Walter sollen einen linksterroristischen Anschlag auf ein Abschiebegefängnis geplant haben. Das war 1995. Seitdem sind sie auf der Flucht. Was braucht es, um zu vergeben? Ein Besuch im Exil in Venezuela.

Von Christoph Gurk (Text und Fotos)

Geheimnisse gibt es viele im Leben von Thomas Walter und Peter Krauth. Dinge, die sie nicht verraten können oder wollen, um andere zu schützen, und vor allem auch sich selbst. Vieles bleibt so ungesagt, manches unklar, eines aber ist sicher: Die beiden haben sich gut versteckt.

Will man sie besuchen, muss man zuerst an den Nordzipfel von Südamerika, nach Caracas, die Hauptstadt von Venezuela. Von dort aus geht es weiter ins Landesinnere, erst mit einem klapprigen Flugzeug, dann mit einem verbeulten Taxi, über kaputte Straßen, vorbei an Weiden und Feldern, durch Halbwüsten und Wälder, immer weiter hinauf in die Berge, stundenlang.

Irgendwann hinter der Stadt Mérida hört der Asphalt dann auf. Ein Bach, eine Brücke, enge Kurven. Und dort, fast am Ende der Straße, warten die beiden schon. Weiterlesen