Bundesanwaltschaft fürchtet Demonstrant*innen

Seit nunmehr 4 Jahren wird eine Person aus dem sozialen Umfeld der Abgetauchten mit Vorladungen vor das Landeskriminalamt und später vor die Generalbundesanwaltschaft belästigt. Aus diesem Anlass versammelten sich am 24.02.2016 etwa 75 Menschen vor dem Berliner Landeskriminalamt, in dem die Person von Bundesanwalt Schmitt mit Unterstützung von zwei Menschen des Landeskriminalamtes vernommen wurde. Es gab keine Aussage. Herr Schmitt verhängte ein Zwangsgeld von 250 € und reiste verärgert nach Karlsruhe zurück.

Schweigen ist goldZum 18.10.2016 wurde die Person erneut vorgeladen, dieses Mal direkt in Karlsruhe. Auch hier wurde sie wieder von Unterstützer*innen be- gleitet. Es ergab sich zwischenzeit- lich die absurde Situation, dass weder die vorgeladenen Person, die Anwältin noch die Müllabfuhr in die Sicherheitsschleuse eingelassen wurden. Die Türhüter fürchteten ein gewaltsames Eindringen in das Ge- bäude. Die Verhandlungen mit den angeforderten Polizeikräften führten zu einem Rück- zug der Demonstrant*innen um 2 Meter.

Bei der Vernehmung gab es keine Aussagen und deshalb die erneute Androhung von Beugehaft. Anwältin und betroffene Person verließen das BAW Gebäude und fuhren zurück nach Berlin.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht aus.

Alles hat ein Ende nur die BAW findet keins…

Presseerklärung der Solidaritätsgruppe zur Vorladung am 18.10.2016

Generalbundesanwalt seit zwanzig Jahren auf vergeblicher Suche nach„linkem Terror”

Am 18.10.2016 findet in Karlsruhe eine Zeugenvernehmung durch den Generalbundesanwalt (GBA) statt. Anlass ist das Ermittlungsverfahren gegen die linke Gruppe „Das KOMITEE”, das der GBA unermüdlich und mit gesteigerter Energie seit mehr als 21 Jahren führt.

Die Gruppe hatte sich 1994 zu einem Brandanschlag auf eine Bundeswehreinrichtung in Bad Freienwalde und 1995 zu einem in der Vorbereitungsphase gescheiterten Bombenanschlag auf eine im Bau befindlichen Abschiebeknast in Berlin-Köpenick bekannt. Drei Personen aus der Berliner autonomen Szene waren seinerzeit untergetaucht und wurden seitdem als angeblich gefährliche Terroristen vom BKA weltweit gesucht.

Die Hartnäckigkeit, mit der der GBA in dieser Sache auch nach mehr als 21 Jahren noch weiter ermittelt, steht in keinem Verhältnis zu den verfolgten Taten, bei denen keine Menschen zu Schaden kamen und die nach Auffassung von Jurist*innen eigentlich mittlerweile wegen absoluter Verjährung nicht mehr bestraft werden können.

Folgerichtig wurde auch die Auslieferung eines der drei Gesuchten, Bernhard Heidbreder, vom obersten Gerichtshof Venezuelas im Oktober 2015 abgelehnt. Heidbreder war im Juli 2014 in Venezuela festgenommen worden, befindet sich aber mittlerweile auf freiem Fuß.

Der Versuch, mit der Drohung von bis zu sechs Monaten Beugehaft eine Zeugenaussage von einer Person zu erzwingen, scheint vor diesem Hintergrund eher einer Bestrafung des sozialen Umfelds der seit damals Verfolgten zu dienen, als einer Sachaufklärung.

Demgegenüber haben die Anwält*- innen rechtliche Schritte eingeleitet, um dem uferlosen Verfolgungszwang des GBA einen Riegel vorzuschieben. Es wurde Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben, mit dem Ziel, dass § 30 des Strafgesetzbuches, also die Verabredung zu einem Verbrechen, für verfassungswidrig erklärt wird.

Denn dieser Paragraf erlaubt den Ermittlungsbehörden, lediglich die Planung einer Tat, die also weit im Vorfeld einer Tatbegehung und auch weit vor der Vorbereitung einer Tat liegt, bis zu 40 Jahre lang zu verfolgen.

Dies widerspricht dem Schuldprinzip. Danach müssen Strafe und Schuld in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Folglich auch die Verjährung der jeweiligen Delikte. Die gescheiterte Vorbereitung des Sprengstoffdelikts verjährt bereits nach 10 Jahren absolut.

Fahndung und Überwachung

Die Bundesanwaltschaft ist in den letzten 20 Jahren bezüglich der Fahndung nach den Abgetauchten sehr aktiv gewesen. Anfangs hatte sie die Schwester eines Beschuldigten mehrere Wochen in Untersuchungshaft genommen, obwohl sie ein Alibi für den Tatzeitraum vorweisen konnte. Auch nachdem dies endlich anerkannt wurde, wurde jahrelang weiter gegen sie ermittelt.

Mehr als 20 Menschen wurden polizeilich, einige davon auch generalbundesanwaltlich vorgeladen. Eine Person, die die Aussage verweigerte, wurde mit 4 Monaten Beugehaft bestraft. Eine weitere konnte durchsetzen, dass sie keine Aussagen machen musste,  da  sie Durchsuchungen und direkten Überwachungsmaßnahmen ausgesetzt war. Dies musste das Gericht anerkennen. Die Person wurde offiziell zur fünften Beschuldigten im Verfahren. Zwei weitere Menschen erfuhren eher zufällig, dass auch gegen sie ermittelt wurde, als sie im Jahr 2002 zur DNA- Abgabe gezwungen werden sollten.

Erst 2013 wurden die vier Verfahren eingestellt. Seitdem sind uns nur noch die Ermittlungen gegen die drei Abgetauchten bekannt.

Viele Menschen wurden über lange Zeit observiert, ihre Telefonanschlüsse überwacht. Des Weiteren reisten Fahnder*innen vermuteten Kontaktpersonen und Verwandten in verschiedene Länder, vorzugsweise Lateinamerika, aber auch nach Ägypten hinterher. Sie arbeiteten ausgezeichnet mit der ägyptischen Polizei zusammen und konnten diese dazu bewegen, das Hotelzimmer des Reisenden verdeckt nach Mobiltelefonen zu durchsuchen.

Die Bundesanwaltschaft ließ einen öffentlich zugänglichen Computer überwachen, von dem aus sie den Aufruf einer Seite des Bundeskriminalamtes (BKA) registriert hatte. Denn die Fahndungsaufrufe waren vor allem deshalb auf der BKA-Seite eingestellt worden, um zu verfolgen, wer sich diese Seite ansieht.

Auch die Redaktionsräume der Tageszeitung taz und die Wohnungen von zwei Redakteur*innen wurden durchsucht.