Peters Verhaftung

Am 16. November 2019 wurde Peter Krauth am Flughafen El Vigía, Venezuela, festgenommen. Er war auf dem Weg nach Caracas, um dort Freunde und Freundinnen aus Deutschland abzuholen. Foto Peter KrauthPeter Krauth, Bernhard Heidbreder und Thomas Walter wird von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, der aufgelösten Gruppe „Das Komitee“ angehört zu haben. Ende 1994 und im Frühjahr 1995 trat die militante Gruppe „Das Komitee“ zweimal in Erscheinung. Die erste Aktion war ein Brandanschlag auf ein Gebäude der Bundeswehr, um die Zusammenarbeit des deutschen und türkischen Militärs im Krieg gegen die kurdische Bevölkerung in der Türkei offenzulegen. Die zweite Aktion scheiterte. „Das Komitee“ versuchte, die Baustelle des Abschiebegefängnisses in Berlin-Grünau zu zerstören. Es blieb bei der Vorbereitung des Anschlags. Nach dem Scheitern dieser Aktion gerieten Bernhard, Peter und Thomas auf eine Fahndungsliste und tauchten unter. Bei beiden Aktionen der Gruppe kam kein Mensch zu Schaden. Bernhard, Peter und Thomas stellten 2016, bzw. 2017 Asylanträge in Venezuela. Peter weist sich momentan mit einem provisorischen Dokument aus. Er und seine beiden Genossen Thomas Walter und Bernhard Heidbreder warten seit zweieinhalb bzw. dreieinhalb Jahren auf eine positive Entscheidung der Nationalen Flüchtlingskommission in Caracas zur Anerkennung als politische Flüchtlinge. Das provisorische Dokument garantiert ihnen den Schutz und die Bewegungsfreiheit im Land. Als die Polizei am Flughafen das ihr offenbar unbekannte Dokument überprüfte, tauchte im Polizeicomputer Peters Interpol-Haftbefehl (von der Bundesanwaltschaft am 16.08.2019 erneuert!) auf. Daraufhin erfolgte seine Festnahme. Vom 16.11. an saß Peter tagsüber im Interpol-Büro am Flughafen und wurde abends zum Übernachten in ein Gebäude der Kriminalpolizei gebracht. Noch in El Vigía wurde er einer Richterin vorgeführt, die die Fortdauer seiner Haft anordnete. Am 23.11. wurde Peter nach Caracas verbracht, wo vor dem höchsten venezolanischen Gericht, TSJ (Tribunal Supremo de Justicia), überprüft werden soll, ob die Festnahme gerechtfertigt war. Bis jetzt wird er bei Interpol in Caracas festgehalten, eine Haftprüfung vor dem TSJ hat noch nicht stattgefunden. Der Fall von Peter ist identisch mit dem von Bernhard Heidbreder, bei dem schon ein Urteil des TSJ gefällt wurde, das die Auslieferung nach Deutschland ausschließt (Sala de Casación Penal, Fallo Nr. 655 del 23/10/2015). Das TSJ stellte fest, dass die Bernhard vorgeworfenen Taten, u.a. die Verabredung 1995 zur Sprengung eines leerstehenden Gebäudes, das zum Abschiebegefängnis umgebaut werden sollte, in Venezuela schon längst verjährt sind. Die Festnahme von Peter wurde von der Bundesanwaltschaft veranlasst, obwohl diese weiß, dass in Bernds identischem Fall bereits rechtskräftig entschieden wurde, dass Venezuela die Auslieferung ablehnt und auch in Peters Fall ablehnen wird. Es ist die Verpflichtung der Bundesanwaltschaft, den Interpol–Haftbefehl für Venezuela aufzuheben, da der Ausgang von Peters Auslieferungsverfahrens bereits klar ist: Die Auslieferung wird abgelehnt werden. Unter solchen Umständen ist allein das Betreiben des Auslieferungsverfahrens missbräuchlich, und dies umso mehr, wenn die Durchführung dieses Verfahrens mit Haft verbunden ist. Dass die Bundesanwaltschaft weiterhin den internationalen Haftbefehl aufrechterhalten hat, der zur Inhaftierung Peters führte, kommt einer mittelbaren Freiheitsberaubung gleich. Es braucht eine gemeinsame Anstrengung, um Peter aus dem Knast herauszuholen. Es muss Öffentlichkeit für Peters Freilassung hergestellt und Druck auf die BAW ausgeübt werden, den Haftbefehl für Venezuela aufzuheben. Wir benötigen auch wieder Geld, um die Anwält*innen zu bezahlen. Haltet euch auf dem Laufenden, was weiter passiert. Wir werden über die Internet- Seite www.ende-aus.net informieren. Freiheit für Peter

2. Dezember 2019

Fahndung und Überwachung

Die Bundesanwaltschaft ist in den letzten 20 Jahren bezüglich der Fahndung nach den Abgetauchten sehr aktiv gewesen. Anfangs hatte sie die Schwester eines Beschuldigten mehrere Wochen in Untersuchungshaft genommen, obwohl sie ein Alibi für den Tatzeitraum vorweisen konnte. Auch nachdem dies endlich anerkannt wurde, wurde jahrelang weiter gegen sie ermittelt.

Mehr als 20 Menschen wurden polizeilich, einige davon auch generalbundesanwaltlich vorgeladen. Eine Person, die die Aussage verweigerte, wurde mit 4 Monaten Beugehaft bestraft. Eine weitere konnte durchsetzen, dass sie keine Aussagen machen musste,  da  sie Durchsuchungen und direkten Überwachungsmaßnahmen ausgesetzt war. Dies musste das Gericht anerkennen. Die Person wurde offiziell zur fünften Beschuldigten im Verfahren. Zwei weitere Menschen erfuhren eher zufällig, dass auch gegen sie ermittelt wurde, als sie im Jahr 2002 zur DNA- Abgabe gezwungen werden sollten.

Erst 2013 wurden die vier Verfahren eingestellt. Seitdem sind uns nur noch die Ermittlungen gegen die drei Abgetauchten bekannt.

Viele Menschen wurden über lange Zeit observiert, ihre Telefonanschlüsse überwacht. Des Weiteren reisten Fahnder*innen vermuteten Kontaktpersonen und Verwandten in verschiedene Länder, vorzugsweise Lateinamerika, aber auch nach Ägypten hinterher. Sie arbeiteten ausgezeichnet mit der ägyptischen Polizei zusammen und konnten diese dazu bewegen, das Hotelzimmer des Reisenden verdeckt nach Mobiltelefonen zu durchsuchen.

Die Bundesanwaltschaft ließ einen öffentlich zugänglichen Computer überwachen, von dem aus sie den Aufruf einer Seite des Bundeskriminalamtes (BKA) registriert hatte. Denn die Fahndungsaufrufe waren vor allem deshalb auf der BKA-Seite eingestellt worden, um zu verfolgen, wer sich diese Seite ansieht.

Auch die Redaktionsräume der Tageszeitung taz und die Wohnungen von zwei Redakteur*innen wurden durchsucht.